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Da ich in Japan zwei Wochen lang vom immergleichen Supermarktfraß gelebt habe, weil mir Bargeld auszugehen drohte, konnte ich danach monatelang keinen Reis mehr sehen. Und als ich gegen Neujahr der immergleichen Bilder Südostasiens überdrüssig wurde, buchte ich einfach auf die Philippinen um, vor allem, um mir Reisterrassen anzusehen – was für eine Ironie.

Zwölf Tage für 7000 Inseln. Das konnte sich nicht ausgehen. Ich konzentrierte mich daher auf die nördliche Bergregion der Hauptinsel Luzon, eine weise Entscheidung, um mal ein wenig vorwegzunehmen. Aber eins nach dem anderen.

Vulkanbesteigung mit älteren Herren

Die Philippinen sind eigentlich für mehr Dinge berüchtigt denn berühmt. Zum Beispiel: Würde man über Angeles City ein Zelt spannen, es wäre das größte Puff der Welt. Angeles City, ein wohlgewählter Name, spezialisiert sich auf alte Knacker aus der ersten Welt. Früher gab es hier eine größere militärische Basis der Amerikaner, der Zuzug der Fleischindustrie war eine logische Folge – bis ein biblischer Vulkanausbruch den Flughafen in Schutt und Asche legte. Die Amis zogen weg, das Fleisch blieb. Den Vulkan möchte ich mir trotzdem ansehen.

Ich stehe also mitten in der Nacht auf, um mit ein paar Sextouristen zum Mt. Pinatubo zu fahren. Der Ausbruch muss gewaltig gewesen sein: Die Lawine hinterließ einen kilometerweit reichenden, breiten Steinbruchkorridor im Dschungel, totes Gelände mit mehrfarbigem Wasser. Wir nähern uns soweit möglich mit Jeep an, danach geht es zu Fuß weiter, die älteren Herren fallen um wie Fliegen, nicht alle werden am Ziel ankommen, einige sich bei der Rückfahrt in Krämpfen winden. Der Kratersee selbst ist atemberaubend und aufgrund der Mühsale, die man auf sich nehmen muss, um ihn zu erreichen, so gut wie verlassen. Die Mühen jedenfalls lohnen sich.

In den Bergen ist man keine Melkkuh mehr

Eine Backpacker-Infrastruktur, wie man sie von Südostasien kennt – mit Hostels, Touristenbussen, Massagesalons, Pubs und präpotenten Schleppern – gibt es auf den Philippinen nicht; zumindest nicht dort, wo ich war. Man reist, kauft und isst wie die Einheimischen. Als Tourist ist man immer in der Unterzahl. Abseits von Enklaven des Lasters wie Angeles City wird man eher als willkommene Abwechslung betrachtet, nicht als Melkkuh. Die Philippinos erschienen mir zuanfangs als schlitzohrig, als ich binnen kurzer Zeit mehrere unmotivierte Betrugsversuche abwehre. Doch je mehr ich mich in die Bergregion des Nordens vorwage, desto ehrlicher und entspannter wird das Klima. Kinder, und von denen gibt es weiß Gott mehr als genug hier, strahlen dich an, die Menschen geben bereitwillig Auskunft, auch wenn sie sich ungern festlegen, sie bleiben auf einen kurzen Plausch stehen. Nach einer sensationellen, sechsstündigen Panoramafahrt in die Cordillera lande ich in Sagada, einem bekifften Dorf, das für seine hängenden Särge bekannt ist. Es ist einer dieser Orte der Sommerfrische, in die sich die Philippinos vor der größten Hitze im Sommer zurückziehen. Hier lässt es sich bei nahe gelegenen Wasserfällen aushalten, die in anderen Ländern von Leuten wie mir längst zugemüllt worden wären, hier aber verlassen vor sich hin plätschern. Nur der phlegmatische Wasserbüffel ist Zeuge.

Es gibt Reis, Baby!

Ich nehme einen Jeepney, ein typisches, bunt verziertes Sammeltaxi, das vor Jahrzehnten mal ein Jeep der US Army war, um mein eigentliches Ziel Banaue zu erreichen. Von Banaue aus lässt sich eine wohl weltweit einzigartige Kulturlandschaft erkunden: Sich kilometerweit hinziehende Reisterrassen, die seit 2000 Jahren von den Bergvölkern gepflegt werden. Ich wandere tagelang durch ein Labyrinth aus Feldern, Ummauerungen, Stiegen und Bewässerungskanälen, die entlang von mal sanften, mal steilen Tälern angelegt worden sind, an Wasserfällen und kleinen Siedlungen vorbei. Die Szenerie ist so atemberaubend wie der Umstand irritierend, dass hier nur ganz wenige Touristen unterwegs sind. Woran kann das nur liegen? An der fehlenden Bequemlichkeit einer ausgebauten Backpacker-Infrastruktur? Oder doch an der Eintönigkeit der philippinischen Küche, die zurecht berüchtigt ist? Denn nicht nur hier, in den Terrassenlandschaften, gilt Tag für Tag: Es gibt Reis, Baby!

Wir erreichen Batad, ein abgelegenes Dorf, das inmitten eines beeindruckenden, nebelverhangenen Amphitheaters aus Terrassen liegt. Hier wollen alle hin, wir sind vielleicht 15 Touristen mit einer ungewohnten, frankophonen Mehrheit (wo sind die Deutschen?). Am nächsten Tag wird der Trek fortgesetzt, ohne dass der Landschaft die Luft ausgeht. Ich bin bereits etwas unter Zeitdruck geraten, möchte noch das Meer und ein paar Kirchen und Altstadtkerne sehen, und schlage Möglichkeiten aus, mir noch weitere Teile des Gebietes anzusehen, wiewohl mein neu aufgekeimter Appetit auf Reis, diesmal aber in seiner unverarbeiteten Form, jedenfalls nicht versiegt ist. Mit Busmarathons starte ich eine Tour de Force in entlegene Winkel der Insel. Wetterbedingt bleibt sie brotlos und ich zolle den Anstrengungen der vergangenen Wochen Tribut und verkühle mich schließlich am Tag vor meinem Flug nach Siem Reap.