ostkarten

Nur 90 Kilometer trennen Tallinn von Helsinki, preislich sind es freilich Welten. Aus diesem Umstand hat sich ein reger hin- und herpendelnder Fährtourismus der Finnen entwickelt. Die Tickets sind durch teilweise gedrittelte Alkoholpreise rasch amortisiert und der Friseur ist auch günstiger. It’s a numbers game, das hier von zum Teil doch fragwürdigen Subjekten gespielt wird. Und noch im Fährhafen wird die, leidlich in ein Gratis-Tabloid eingewickelte, Flasche des Klaren herumgereicht.

Helsinki ist für mich vorwiegend Abflugort nach Kolumbien. Das Wenige, das ich über die Stadt gehört habe, war nicht gerade schmeichelhaft. Umso erfreulicher gestaltet sich dann aber die Einfahrt in den Hafen – vorbei an pittoresk bebauten Inselchen reiht sich gleich mal so ziemlich alles auf, was die Stadt an Kulturdenkmälern zu bieten hat. Es ist, als ob man mit dem Schiff geradewegs am Stephansplatz anlegen würde.

Ich besuche hier Reisebekannte, wir trafen uns in Nepal. Ich werde großartig betreut und bin dementsprechend verplant. In den zwei kurzen Spaziergängen zeigt sich Helsinki als (abgesehen von den 9 Wintermonaten, die wohl jeden hier runterziehen können) durchaus lebenswerte Stadt mit vielen Kanälen und Grünanlagen und einem protestantischen klassizistischen Baustil, der gerne mal an Städte wie Hamburg, Kopenhagen oder Stockholm erinnert, ein Vergleich, der jetzt kulturell und geographisch keine allzu große Abstraktionsleistung abverlangt hat, muss ich gestehen.

Der Hauptbahnhof (den es so ähnlich auch in Hamburg gibt):

Und so viel mehr gibt es jetzt auch nicht zu holen. Die Hafenpromenade ist halt das Prunkstück. Helsinki ist also eine Stadt, die dem neutralen Beobachter (= jemand, der hier keine Freunde hat) an einem sonnigen Nachmittag viel Freude bereiten kann, ab drei Tagen aber wohl Langeweile bescheren würde. Kein Wunder, dass hier alle zum Saufen nach Tallinn fahren.