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Bosnien und Herzegovina beeindrucken mit der rauhen Eleganz ihrer historischen Städte und der ungeahnt schönen Landschaft, sie bedrücken aber auch durch den Horror ihrer jungen Geschichte, der mir erst vor Ort richtig bewusst wird.

Geschichte in Sarajevo

Sarajevo sieht aus, als ob eine osmanische in eine postsozialistische Stadt gekracht wäre, worauf sich beide irreparabel ineinander verkeilt hätten. Es gibt einen historischen Bazar und über die Stadt großzügig verstreute Moscheen. Großartig ist die Lage: in einem engen Tal in Ost/West-Ausrichtung, durch die Mitte fräst sich schnurgerade ein Fluss, Suburbs wachsen die Hügel hinauf. Für die Ästhetik ein Segen, war die Kessellage mit ein Grund dafür, dass die Stadt 4 Jahre lang belagert werden konnte. Und die Spuren des Bürgerkrieges sind an den Wäldern weißer Grabsteine abzulesen, die an mehreren Erhöhungen nahe dem historischen Zentrum gut sichtbar sind. Ein paar Eindrücke:

Sarajevo ist sicherlich kein Freilichtmuseum oder gar besonders schick. Es ist eine Stadt mit viel Charakter und relativ überschaubarem Tourismus. Essen und Überleben sind hier, wie in ganz Bosnien, erschwinglich zu bekommen. Mein Zeitbudget erlaubt leider nur einen 2-tägigen Aufenthalt.

Niemand ist in Jajce und das ist unerhört

Jajce ist für Bosnien historisch bedeutsam, liegt aber recht abseits der üblichen Touristenroute (Mostar-Sarajevo), weswegen ich so ziemlich der einzige Besucher hier bin und es auch sehr genieße. Die Gegend hat ein unglaubliches Potenzial. Wie so ziemlich alle bosnischen Städte liegt sie in einem Tal mit Festung und Fluss, der im Zentrum in einen anderen Fluss mündet – und sich dabei in zwei 20 m hohen Wasserfällen ergießt.

Wie viele Städte in BiH ist Jajce osmanisch geprägt. Aus Festungen mache ich mir normalerweise nichts, aber in der Einsamkeit der Jajce’schen Burg fühle ich mich wohl. Nur das Gehupe der Hochzeitsgesellschaft durchbricht die Stille, einige Stunden später werden sie 10 Meter unterhalb meines Zimmers die Nacht zum Tage machen.

Es ist wohl auch dieses schön gepflegte Grün, das mir hier so gut gefällt im Gegensatz zur grauen Baustelle der Zitadelle von Prizren.

Die Hostelbesitzerin hat mir bereits ein Einzelzimmer gegeben, obwohl ich nur für ein Bett bezahlt habe – aber das Zimmer war noch frei und hier ist die Gastfreundschaft noch stärker ausgeprägt als der Geschäftssinn. Tags darauf leihe ich mir ein Fahrrad, das mir auch umsonst gegeben wird, um für den Hochzeitslärm zu entschädigen. Sehr sympathisch! Mit dem Fahrrad fahre ich den Flusslauf hoch bis zur Mündung. Der Fluss entspringt zwei kleinen Seen, die sich unmittelbar außerhalb der Stadt befinden und in mehreren Terrassen künstlich aufgestaut wurden. Leider habe ich nur zwei Stunden Zeit (Bus nach Mostar wartet), aber was ich sehe, gefällt mir ganz ausgezeichnet. Ein paar rasch geknipste Eindrücke:

Diese Wassermühlen! Ich bereue es, nur so kurz in Jajce geblieben zu sein, diese Region verdient so viel mehr Aufmerksamkeit. Die Stadt ist mein bisheriger Favorit auf diesem meinem Balkaner Roadtrip, der geprägt ist durch regelmäßiges sehr frühes Aufstehen, um den ersten Bus zu nehmen. Im Übrigen sind bosnische Busfahrer das Letzte. In einer Mischung aus Renitenz und Sabotage produzieren sie bei jeder Busfahrt eine dicke Verspätung nach der anderen, und nachdem sie ein dickes Defizit angesammelt haben, machen sie 45 Minuten Mittagspause. Ich hasse sie so sehr. Der Bus von Mostar nach Dubrovnik hatte bereits in Mostar (=Ausgangsbahnhof) 45 Minuten Rückstand.

Mostar: Auch die dritte Cevapci-Verkostung kann mich nicht überzeugen

Ich werde also vom bosnischen Busfahrer irgendwo mitten in den Plattenbauten von Mostar ausgesetzt, weil er keine Lust hat, zum Hauptbahnhof zu fahren, von wo aus ich zu meinem Hostel finden würde. So dauert es über eine Stunde des Rumirrens mit Marschgepäck, bis ich endlich – bester Laune… – einchecken kann. Mostar ist DIE Touristenstadt in Bosnien, was durch die relative Nähe zu Dubrovnik (DER Touristenstadt Kroatiens) begründet ist. Freilich auch durch die wirklich schön erhaltene Altstadt rund um die berühmte Brücke, die im Bürgerkrieg zerstört und originalgetreu wiederaufgebaut wurde.

Mostars Hautpstadt ist mit richtig glatten, richtig großen Steinen ausgepflastert, die zwar schön ausschauen, aber im und nach dem Regen tödlich gefährlich sind. Und Mostar dampft aus allen Gassen.

Während ich also Touristinnen zusehe, wie sie sich Genicke brechen, etc., rutsche ich ein wenig herum und bin meiner Auslandskrankenversicherung froh. Aber eigentlich bin ich sehr wenig in Mostar, weil ich keine Zeit habe und lieber in der Umgebung rumfahre. Pocitelj ist schwer erreichbar, aber nur der Bus am Rückweg ist verspätet (wow). Es ist eine mittelalterliche Stadt am steilen Hang mit Festung, Moschee und Badehaus. Ich erklimme Pocitelj, um festzustellen, dass oben nur Unkraut (Feigen und Granatäpfel) wächst. Was für ein Antiklimax.

Ein weiteres Ziel ist das mystische Blagaj. Einer Höhle entspringt dort ein Fluss, richtig gewaltige Wassermassen, daneben wurde ein Derwischkloster errichtet.

Der Regen setzt ein, ich flüchte in ein schickes Restaurant und lasse mich auf eine gemischte Grillplatte ein. Ächz. Bosnisches Essen ist viel und günstig, aber nicht unbedingt ausgesprochen raffiniert. Die Paradespeise sind Cevapci mit Brot, beides trocken und wenig gewürzt. Dazu wird gehackte Zwiebel gereicht.

9 EUR für geschätzte 2 kg Fleisch und Beilagen. Das Brot habe ich nicht angerührt. Das Tragische daran ist, dass es halt auch im fancy Restaurant nicht wirklich schmeckt.

Trotz postsozialistischer Busfahrer und Fleischoverkill: Bosnien gefällt und ist nicht touristisch. Fahrt hin.