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Ich nehme den Morgenflieger aus Athen nach Wien, bleibe drei Tage, um Formalitäten zu erledigen – das war so nicht eingeplant. Damit endet der erste, fünfwöchige Abschnitt meiner großen Reise, der Roadtrip durch den Balkan bis nach Griechenland. Drei Tage später breche ich in den Kaukasus auf. Von Tiflis aus werde ich mich bis ins iranische Shiraz vorarbeiten und habe dafür viel zu wenig Zeit.

Georgien also, Geburtsland von Stalin, bis vor wenigen Jahren noch Kriegsgebiet, sagenumwoben wegen Wein und wilder Landschaft, wo bis vor kurzem noch Räuber hausten, bis sie von Kommandoeinheiten des Tourismusministeriums exekutiert wurden.

Tbilisi gefällt mir nicht, aber ich muss das Wetter abwarten

Tiflis gilt als die Perle des Kaukasus, aber ich werde mit der Stadt nicht warm. Die Mischung aus Monumentalbauten, sehr alten Kirchen, Ostblock-Architektur und modernen Unpässlichkeiten klingt zwar gut, will mir aber im Gegensatz zu Wein und Cousine so gar nicht munden. Das hier servierte Essen ist nicht nur das beste meiner Reise, sondern auch mit das günstigste und abwechslungsreichste, das ist schon den Besuch wert. Von den geplanten drei Tagen will ich dennoch auf zwei reduzieren, bleibe dann aber vier Nächte, weil überall, wo ich hin wollen würde, das Wetter für kurze Zeit zusammenbricht. Schade!

Es gibt sie auch in Tiflis, die alten Kirchen, die aber in einer unansehnlichen Umgebung nicht wirklich funktionieren.

Wenn man renoviert, dann dort, wo man es hätte unterlassen sollen. Dieser Klassiker des sowjetischen Brutalismus etwa, wegen dem ich in eine obskure Gegend der Stadt vorpresche, weil ich eh nichts Besseres zu tun habe, wurde mittlerweile von der Bank of Georgia als Hauptquartier auserkoren und neu gestrichen. Dadurch verliert das Gebäude leider seinen schmutzigen Reiz.

Die Zitadelle der Stadt bietet den besten Blick auf das Durcheinander aus alt, sehr alt und sehr neu. Die hypermoderne Brücke wird im Volksmund auch als „Always“ verspottet – naheliegenderweise.

Und auch das neue Parlament (oder Rathaus?) aalt sich in seiner konsequenten Hässlichkeit.

Auf meinen Streifzügen stoße ich auch immer wieder auf fast schon okkulten Symbolismus, den ich mir nicht immer erklären kann. Für eine Interpretation von dem hier wäre ich sehr dankbar (lässt sich wie alle Bilder hier vergrößern):

Dieses Wetterloch stört meinen sowieso schon viel zu engen Zeitplan beträchtlich, sodass sich mein Georgien-Aufenthalt auf die Hauptstadt und die gebirgige Kazbegi-Region beschränkt.

Die Kazbegi-Region macht es wieder gut

Schon kurz nach der Stadtgrenze geht es auf der alten, russischen Militärstraße steil bergauf. Wir queren einen Pass auf über 2000 m Höhe und erreichen in nur 2 Stunden Fahrt (welch Wohltat im Vergleich zur Straßensituation in Albanien!) das Dorf Kazbegi, das im Schatten des über 5000 m hohen Mt. Kazbeg liegt und für die ikonisch gelegenen, spektakulären frühchristlichen Kirchen bekannt ist. Hier finde ich berg- und wanderbegeisterte Begleitung und werde drei Tage lang quasi mitgezogen. Perfektes Wetter, wenn auch schon ziemlich kühl, und frühes Aufstehen lassen einiges zu.

Die Bevölkerung hier ist hilfsbereit und herzlich, nimmt die wenigen Touristen gerne ein Stück mit und verlangt dafür nicht viel mehr als ein freundliches „Gruzija hhhhhharascho!“, denn Georgisch zu beherrschen, diese Sprache mit eigenem Alphabet, welche regelmäßig Monster mit bis zu sechs aneinander klebenden Konsonanten gebärt, das verlangt hier niemand von einem.

Die Bevölkerung rund um Kazbegi lebt überwiegend als Bauern oder vom Tourismus. Wer vom Tourismus lebt, dem ist leider schon ein wenig der Hang zum frechen übervorteilen inne, egal ob bei der Taxifahrt oder beim Obstverkauf. Die Bauern hingegen, die sind herzlich und freuen sich, helfen zu können. Diese netten Herren nehmen uns nach getaner Arbeit 10 km mit, ich halte mich tapfer außen an der Tür fest und habe den Kragen alsbald voller Heu.

Aber zurück zum hier überpräsenten Mt. Kazbeg. Am ersten Tag überwinden wir 1300 Höhenmeter, was mir, untrainiert, schlecht ausgerüstet, etwas zusetzt. Aber es ist so schön und ich muss mich ja sowieso für Nepal vorbereiten.

Viele Eindrücke:

Es ist Oktober, wir sind auf 3000 Meter Höhe. Klar, dass hier Schnee liegt, und ich bin für meine lange Unterhose sehr dankbar. Nach einigen Stunden Arbeit im Schnee erreichen wir einen Gletscher am Fuße des Kazbeg, aber der ist so unspektakulär, dass man ihn übersehen würde, wüsste man nicht, dass ich ihn auf einem der nächsten Photos verewigt habe. Diesbezüglich ist das hier kein Patagonien, sagt mir meine südamerika-erprobte Begleitung.

Ich glaube, das müsste dieses so ikonische Panorama sein, das in keinem Reiseführer über Georgien fehlen darf. Es ist natürlich spektakulär.

An einem anderen Tag der Abstecher ins Sno-Valley, ein Seitenarm der Militärstraße. Das Großartige an der georgischen Landschaft ist ihr Abwechslungsreichtum: eine breite Palette an Formen, Farbtönen, Vegetation, dazu halbwilde Pferde, scheue Kälber und störrische Esel, Wasserfälle, Kirchen und Burgruinen. Um Georgien tut es mir dementsprechend besonders leid. Ich werde dem Land nicht gerecht, wäre es wohl mit mindestens 4 Wochen Zeit im Gepäck geworden.